übern rhein / zerreissprobe
löchrige brücken
verrücken die verwerfungen
an zermürbten ufern: spaziert möwe unbeeindruckt entlang.
04.12.2019
im sinn
hab ich
die königsblaue version
von dir.
06.11.2019
der alte füllfederhalter
ungeachtet des flimmerns
auf dem papier kratzt er träge zeichen
in meinen vergilbten brief an dich.
02.10.2019
pfalz
die nacht häuft trauben
aus zerfurchten feldern
bergmassiv aus grünen perlen: die stare verkanten sich darin.
04.09.2019
spaziergang / auf nimmerwiedersehn
die wälder sind zergrünt. auf ihnen türmt sich wandel.
zerfall sind sie gewohnt.
ich nicht: leise fallen seelenteile ab und verschwinden hinterm lindenbaum.
07.08.2019
dahin ziehen die gedanken
auf dem notizblock der ausgetretene pfad
ganze prozessionen festlich gekleideter worte
schreiten würdevoll voran: dir zu ehren.
03.07.2019
die tanzenden
kryptische fehlgeleitete botschaften
durchs dunkle eilend
machen halt unter untergehenden welten.
05.06.2019
vorm einschlafen
an der alten schwelle zum traum
stolpere ich manchmal; hochwärtiges fallen
in den weißen fleck meiner verstandlandkarte.
01.05.2019
so tun als ob
alles gut wäre: als ob alle zweifel ausgeräumt
alle sensen stumpf und der traum bereits zurechtgeschliffen wäre
– fremd bleibt mir das, wo ich das hinauszögern doch so lieb hab.
03.04.2019
sonne im februar
wie nötig das gewesen war!
dass ganz plötzlich, nachdem man gestolpert war in den tag hinein wie ein kleines kind, mit aufgeschürften knien
man auf einmal wieder einen schatten hatte.
13.02.2019
gegen die verrohung der sprache
müsste man denen mal unsichtbare pfeile in den tee rühren
und furzkissen auf ihre stühle im bundestag legen
ihre fauligen worte mit karottenkreide auf alle tafeln des landes schreiben und sie von babyhängebauchschweinen genüsslich wegschlecken lassen
06.02.2019
kleiner sisyphos
katze jagt den schatten
stolpert über zerklüftete luft
verfängt sich im grau der morgendämmerung
30.01.2019
verhasster januar
ungebändigte winterluft und noch so lang, bis frühling ist.
da fällt plötzlich milchlicht durchs fenster
und ich bin versöhnt.
23.01.2019
erkältet
der tag wirbelt sich in tausend spiralen
um welt und weh.
bis du kommst und mir suppe kochst.
16.01.2019
verspätet
und dann wieder hat man-oder: ich
ihr wisst es, an manchen tagen- wenn der wintersturm- ihr kennt es.
am ende- bleibt. nur. die liste. ungeklärter wortanhäufungen. wohin damit?
10.01.2019
das gehirn
gründlich gefegt wurde da
jedes herbstblatt verschwunden
laubbläser taten ihr übriges: nun alles leer.
21.11.2018
in der früh
durchs geöffnete fenster
schleicht sich der nebel
umgarnt den wartenden kaffee
14.11.2018
geschäftig
auf dem schreibtisch die katze
hat eine dringende besprechung mit
der sonne
07.11.2018
muschelansammlung
haben knirschend das meer zerrieben
im kalkenen herz klafft schwarzes geheimnis
umhüllt von weißen fächern, zerbrechliches nichts.
31.10.2018
war da was?
früher, in der jugend, schleifte man den horizont so mit sich
stolz, als hätte man ihn selbst gewebt, ein mantel gegen den unbill des lebens
und heute, da rieselt aus den taschen wolkengebrösel, wird schnell zertreten, beim tanz um die eigene mitte.
24.10.2018
der harte arbeitstag
feilt man also stundenlang an so drei zeilen
zwischendurch windet sich die landschaft draußen ins gehirn hinein
und dann: liest’s wieder keiner.
17.10.2018
Das Foto
durch Winterschleier – vor vielen Jahren –
schiebt ein Mann einen Kinderwagen, stille Wege entlang.
Vage erinnert er sich an die Zukunft, die nicht vollendet werden konnte.
10.10.2018
matroschka
entsprang aus dem alten gedanken ein neuer:
listig verhehlend, dass es einen vorgänger gab,
größer, schöner, mutiger.
03.10.2018
blätterblüte
nistet träge
unter birkenzweigen
bis sie entschwebt dem blau des tags
26.09.2018
als ich den traum umzäunte
verflog seine wildheit, seine kühnheit
mit den abendschatten schwand jeder rest absonderlichkeit
und ich war traurig.
19.09.2018
trost
welke wolken stürzen uns zu füßen
wandeln sich zu grauem klee
– unbeirrt sammeln wir die reste und bauen neue zauberwälder.
12.09.2018
schreibtisch
dieser wildwuchs
verblühender gedanken,
notizen ohne wurzeln, heimatlose zeilen, reumütig zu mir zurückkehrend.
05.09.2018
das alte reetdach
sonnenspinnfadenverwebte
mooszerrupfte heimat
millionenfach übereinander geschichtet
22.08.2018
vor dem urlaub
das herz laubt welke blätter schon
und seelchen färbt sich bunt
es wird zeit: zu pflücken nachzügler-sonnenstrahlen.
15.08.2018
stadtbild
derweil zerstechen
im blau des tages
kräne gelbfingrig die sommerschluchten
08.08.2018
vorzeichen
und dann aus heiterem himmel:
geburtstag
die wespen nagen sich satt am kalenderblatt.
01.08.2018
Im Überschwang des Julitags
so nebenbei, fast unbemerkt
schleicht sich herbei der Wunsch:
nach stillen Winterumarmungen
25.07.2018
Sommerabend
Die Spitzen der Gräser
Sehen so zart aus im Abendlicht
Als ob augenblicklich ein Riese käme und nicht widerstehn könnte sie zu streicheln
18.07.2018
nach dem umzug
einst fest ans ich vertaut
gleiten mir nun durch die hände
lose gewordene kostbarkeiten
11.07.2018
ortswechsel
über den dächern erschließt mein auge
neue gefilde
mitten in der stadt
27.06.2018
änderung
und dann ist da ja noch die vorläufigkeit
– das löschen der wörter
dieser zerknautschte satz: wie ein weggeworfenes kuscheltier, das einst geliebt war.
20.06.2018
wie kann man den wind nicht lieben?
er trägt die störche hinauf
und macht sie zu stolzen akteuren
eines himmeltheaters
13.06.2018
prinzipien
aus prinzip
hege ich misstrauen gegen den mittwoch
diesen spaltpilz des wochendschungels
06.06.2018 (zumindest fast noch)
ende mai
ein umzug steht an
das herz erhält eine neue patina-schicht
tief drinnen ganz geheim – da glänzt es
30.05.2018
vor dem gewitter
in der dachrinne wartet das rotkehlchen darauf
die welt mit dem flügel zu streicheln
wenn sich das kleine herz beruhigt hat.
23.05.2018
nach dem gewitter
zweige beugen sich zu mir
bezeugen demütig
das ende der farben
16.05.2018
feierabend
da ist er nun dahin, der tag
– vorenthalten hat er mir: kluge gedanken zur nacht –
das war anders gedacht.
09.05.2018
blinder fleck
im augenwinkel
die bewegung
konzentrische kreise deines flüchtigen lächelns
02.05.2018
frühstück
in der schale
beerenmisere, köstlich
eine erste portion sommer
25.04.2018
kunstfehler
da erschien am frühen morgen das wort
fiel mir entgegen
und blieb zu meinem trost: unvollständig.
18.04.2018
morgensonne
lang war der lichtstrahl unterwegs
jetzt ruht er aus
auf meinen fingerspitzen
11.04.2018